26.08.2014

Russland: Behörden vertrauen auf Selbstversorgung

Russlands Offizielle sind zuversichtlich, dass das Land die durch die Handelssanktionen wegfallenden Fischimporte aus der EU, den USA, Kanada und Norwegen durch heimische Produktion ausgleichen kann, schreibt IntraFish. Diese Meinung habe der Leiter der Fischereibehörde Rosrybolovstvo, Ilya Shestakov, auf einer Pressekonferenz am 19. August in Moskau geäußert. Shestakov verwies auf Statistiken aus dem eigenen Hause. Demnach erntete Russland im vergangenen Jahr 4,3 Mio. t Fisch und Meeresfrüchte, von denen 1,8 Mio. t exportiert wurden. Die Einfuhrmenge lag bei knapp über einer Million Tonnen. "Es ist ziemlich offensichtlich, dass wir uns mit Fischereiprodukten komplett selbst versorgen können", folgerte er. Aus den von dem Einfuhrverbot betroffenen Ländern importierte Russland 2013 insgesamt 462.000 t, das sind 45 Prozent aller russischen Fischimporte. Die wichtigsten von dem Embargo betroffenen Arten seien Atlantischer Lachs, atlantischer Hering, Makrele, Garnelen, Sardelle und Sprotte.

Diese Fischarten könnten schnell ersetzt werden, meinte Shestakov und nannte alternative Bezugsquellen: "Norwegischer Zuchtlachs und Hering können durch Wildlachs und Hering aus dem russischen Fernen Osten ersetzt werden. Außerdem erwarten wir steigende Weißfischanlandungen über Murmansk." Darüber hinaus könne man aus Ländern importieren, auf die sich das Einfuhrverbot nicht erstreckt. Derzeit versuche seine Behörde gemeinsam mit der russischen Veterinärbehörde Rosselkhoznadzor Unternehmen zu inspizieren, die Russland mit Fisch beliefern könnten: "Das sind die Länder Südostasiens. Chile und die Färöer Inseln könnten Lachs exportieren. Wir arbeiten außerdem mit Grönland zusammen." Shestakov betonte in diesem Zusammenhang, dass Reexporte aus den gesperrten Ländern über Drittstaaten verhindert werden sollen: "Der Norwegerlachs könnte beispielsweise darf nicht über die Schweiz oder Tunesien geliefert werden. Rosselkhoznadzor und Russlands Zolldienststellen müssen mögliche Reexporte von Fisch zurückverfolgen und die Herkunftszertifikate prüfen."

Nicht alle russischen Industrieakteure teilen Shestakovs Optimismus. Zum einen seien die diesjährigen Lachsfänge in Russlands Fernost-Region sehr mager. "Dieses Jahr sind auf Kamtschatka statt der erwarteten 40.000 t Buckellachs (pink) nur etwa 7.000 t angelandet worden", teilte Evgeny Kabanov, stellvertretender Vorsitzender der Fischervereinigung von Kamtschatka, IntraFish mit. Beim Ketalachs (chum) blieben nach Abzug der auf Kontraktbasis verkauften Fische rund 40.000 t für den Binnenmarkt, während der Rotlachs (sockeye) nahezu komplett nach Südostasien geliefert werde. Die Gesamtanlandungen bei Wildlachs sollen bei 320.000 bis 330.000 t enden. Kabanov wies auch auf logistische Mängel hin. Fehlende moderne Lager- und Kühlhauskapazitäten, hohe Eisenbahntarife für den Transport aus dem Fernen Osten in die Zentralregionen Russlands und bürokratische Hindernisse erschwerten ein Umschwenken: "Bislang war es leicht, auf Kamtschatka norwegischen Hering zu kaufen, während die Lieferung unseres Fischs alleine bis zum Ural ein Riesenproblem war." Der Geschäftsführer der Trawlerflotte von Murmansk, Yuri Parshev, sieht hingegen keine Probleme: "Gegenwärtig liefern wir etwa 40 Prozent unserer Gesamtfänge aus dem Atlantik auf den heimischen Markt. Steigt dort die Nachfrage, gibt es keine ernsthaften Hürden, unsere Liefermenge dorthin zu erhöhen, insbesondere von Kabeljau und Schellfisch aus der Barentssee und der norwegischen See."

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