08.03.2017

IUU-Fischerei: Rechtsanwälte bemängeln Kontrolle in Deutschland

Deutschland ist im Kampf gegen die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei (IUU-Fischerei) nachlässig und verstößt damit gegen geltendes EU-Recht. Zu diesem Schluss kommt zumindest ein im Februar veröffentlichtes Gutachten der Hamburger Kanzlei Rechtsanwälte Günther, das diese im Auftrag der Environmental Justice Foundation (EJF) erstellt haben. Der Wert der IUU-Fischerei wird weltweit auf jährlich rund 10 Mrd. Euro geschätzt, was ca. 15% des Wertes der weltweit erfassten Fänge ausmacht. Jährlich werden damit zwischen 11 und 26 Mio. t Fisch den Weltmeeren "illegal" entnommen. Zur wirksamen Bekämpfung der "Schwarzfischerei" erließ die EU die IUU-Verordnung Nr. 1005/2008, die 2010 in Kraft trat. Maßgebliches Instrument zur Umsetzung sind Fangbescheinigungen die eine Kontrolle gewährleisten sollen. Die vor Ankunft der Fischereierzeugnisse an den EU-Außengrenzen vorzulegenden Bescheinigungen sind zunächst zu kontrollieren, dann erfolgen weitere Überprüfungen, etwa Inspektionen der Fänge auf Containerschiffen oder Nachfragen.

Das Gutachten wirft der zuständigen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) vor, zum einen nicht alle vorgelegten Fangbescheinigungen zu kontrollieren. Außerdem verzichte die BLE darauf, ein schlüssiges System des Risikomanagements anzuwenden, sondern kontrolliere nahezu willkürlich. "Um ein Vertragsverletzungsverfahren mit den entsprechenden Strafzahlungen zu verhindern (Art. 260 AEUV), besteht dringender Handlungs- und Reformbedarf, offensichtlich sowohl bei den personellen Ressourcen im Vollzug, aber auch bei der angewandten Vollzugsmethode", heißt es im Fazit des Rechtsgutachtens.

Dr. Matthias Keller, Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels (BV Fisch), bezeichnete die Rechtsauffassung als "Pauschalisierung", die auf irreführenden und nicht korrekten Annahmen basiere. Keller: "Das ist eine ziemlich populistische Ansicht." Die Autoren des Gutachtens hätten weder die wichtigsten Seafood-Lieferländer Deutschlands berücksichtigt - China, Norwegen, die USA und Vietnam - noch die wichtigsten Fischarten, nämlich Alaska-Seelachs (Marktanteil 2015: 23%), Lachs (16%), Hering (10%), Thunfisch (9%) und Forelle (3%). Auf diese fünf Arten entfielen 61% aller Importe und die genannten Länder stünden für 55% der aus Drittstaaten importieren Menge. "Das Risiko, dass über diese Lieferketten IUU-Fisch reinkommt, ist relativ gering", sagte Dr. Keller. Der Alaska-Seelachs beispielsweise ist von unabhängiger Seite als nachhaltig zertifiziert, wird außerdem regelmäßig auditiert: 63% aller importierten TK-Filets seien Alaska-Seelachs. "Diese Fakten wurden außer Acht gelassen, stattdessen wurden nur die bürokratischen Verfahren geprüft, um die Effizienz des deutschen Kontrollsystems zu prüfen." Und: als die IUU-Verordnung 2010 in Kraft trat, gab es keinen Rückgang bei der Einfuhr - was der Fall hätte sein müssen, hätte Deutschland zuvor tatsächlich große Mengen an IUU-Fisch importiert.

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